Junge Themen

Vielfalt

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Junge Menschen1 wollen in einer Gesellschaft leben, in der alle gleichberechtigt sind. Unabhängig von ihrer sozialen oder kulturellen Herkunft, ihres Geschlechts oder sexuellen Orientierung und ihren Fähigkeiten sollen alle die gleichen Chancen haben. Anderssein und unterschiedliche Lebensweisen sollen akzeptiert werden.

Doch für viele junge Menschen ist unsere Gesellschaft auch noch weit von diesem Ideal entfernt. Frauen und Männer sind nicht gleichberechtigt. Insbesondere Migrant*innen, Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder aus sogenannten bildungsfernen Schichten sind von Diskriminierung betroffen. Der Kleidungsstil, eine politische Einstellung oder ein ungewöhnlicher Vorname lösen Vorurteile aus und behindern die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft.

„Damit alle selbstbestimmt ihr Leben gestalten können, braucht es mal Freiheit, mal Unterstützung, mal Offenheit, mal Neugier und mal Gelassenheit.“

Aus der Zusammenfassung der Beteiligungsrunde „Das muss sein – Demografiepolitik jugendgerecht gestalten

 

Der Begriff Vielfalt wird von den teilnehmenden jungen Menschen sehr breit gefasst. Es geht ihnen nicht nur um die Einbeziehung von Menschen mit Migrationshintergrund oder das Zusammenleben mit Menschen unterschiedlicher Bedarfe an Hilfe und Unterstützung im Alltag. Für sie zählt vor allem dazu, dass alle Menschen den gleichen Zugang zu Bildung, Arbeit, Gesundheitsversorgung und Wohnraum haben – egal wie alt sie sind, woher sie kommen, wen sie lieben oder wie sie leben.

Wie ein Zusammenleben in Vielfalt gelingen kann

Das Zusammenleben in Vielfalt erfordert für junge Menschen in erster Linie Toleranz und Akzeptanz. Dafür müssten vor allem Barrieren in den Köpfen abgebaut und Wissen über unterschiedliche Lebensweisen vermittelt werden – egal ob es um die Themen Migration, sexuelle Orientierung oder den sozialen Hintergrund geht. Nicht alle sind der Meinung, dass das komplett umsetzbar ist, aber Vorurteile sollen soweit wie möglich überwunden werden. Als Schlüssel dafür sehen junge Menschen Begegnungen und gegenseitigen Austausch. Dies müsse vom Kindergarten an im Bildungssystem verankert sein, aber auch zum Beispiel in Betrieben umgesetzt werden und zwischen den Generationen stattfinden. Jugendverbänden kommt demnach eine Schlüsselrolle zu, da diese Gleichberechtigung und Partizipation aller bereits jetzt vorleben, indem sie Angebote machen, bei denen Jugendliche mit unterschiedlichen Hintergründen und Lebensstilen zusammenkommen und voneinander lernen.

Wir sind anders und doch müssen wir gleich sein – Vielfalt in der Migrationsgesellschaft

Menschen mit Migrationshintergrund sind aus Sicht junger Menschen überproportional von Ausgrenzung betroffen. In Schulen, Betrieben, der Verwaltung und der Politik träfen diese auf Vorurteile und Rassismus. Sie würden nicht nach ihren Bedürfnissen gefragt, sondern nur danach beurteilt, in wie weit sie sich in die Gesellschaft integriert hätten. Stattdessen sollten sie besser als wertvolle Gesprächspartner*innen betrachtet und ihnen ein Zugehörigkeitsgefühl vermittelt werden. Junge Menschen sehen die Politik in der Pflicht, eine Neuorientierung der Migrations-, Integrations- und Asylpolitik durchzuführen. Diese sollte nicht mehr die Unterschiede zwischen Migrant*innen und der Mehrheitsgesellschaft problematisieren. Auch die Unterscheidung zwischen wertvollen bzw. nützlichen Migrant*innen und anderen, die vermeintlich eine Last für die Gesellschaft sind, muss aufgehoben werden. Stattdessen wünschen sich Jugendliche, dass Potenziale von Zuwanderung in den Fokus rücken und auf die Chancengleichheit der Migrant*innen untereinander sowie zwischen Migrant*innen und Mitgliedern der Mehrheitsgesellschaft hingearbeitet wird. Es müsse Normalität werden, dass Menschen mit Migrationshintergrund sich in allen Bereichen der Gesellschaft beteiligen können, wenn sie wollen.

Forderungen der jungen Menschen:

  • Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle dauerhaft in Deutschland lebenden.
  • Schaffung von sicheren und verlässlichen Aufenthaltsbedingungen.
  • Quote für Migrant*innen in allen politischen Gremien.
  • Einbeziehung von Migrant*innen in die Entwicklung, Planung und Durchführung von Integrationspolitik.
  • Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse und Zugang zu Weiterbildung für alle Migrant*innen, Kampagnen gegen Diskriminierung bei der Ausbildungsplatzsuche.

Information ist die beste Waffe gegen rassistische Vorurteile

Um Vorurteile und Ängste abzubauen und Zusammenhalt und Gleichberechtigung zu fördern, wünschen sich junge Menschen Angebote der politischen Bildung und gezielte Informationen, die sich an alle Menschen richten. Außerdem Begegnungen und interkulturelle Projekte, die mit Migrant*innen gemeinsam entwickelt werden. Besonders wichtig ist ihnen die Einbeziehung von Migrant*innen-Selbstorganisationen, die eine angemessene politische Unterstützung brauchen und denen mehr und kontinuierliche finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen.

Teilhabe auch für Geflüchtete

Neben ausreichenden Möglichkeiten, die deutsche Sprache zu lernen sollte allen geflüchteten Kindern und Jugendlichen der Zugang zu kostenloser Bildung gestattet werden. Deutschkenntnisse sollten jedoch nicht Voraussetzung dafür sein, dass Geflüchtete arbeiten können oder wichtige Entscheidungen für ihr Leben selbst treffen. Ausreichender dezentraler Wohnraum in städtischen Umgebungen und ein einfacher und unbürokratischer Zugang zu medizinischer Versorgung sind für die Teilnehmer*innen der Beteiligungsrunden die entscheidenden Voraussetzungen, dass ein menschenwürdiges Leben in Deutschland möglich ist. Damit Geflüchtete an der Gesellschaft wirklich teilhaben können, bräuchten sie die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Durch Freizeitangebote für geflüchtete Jugendliche gemeinsam mit bereits in Deutschland lebenden Menschen sollen diese ganz konkrete Unterstützung beim Ankommen erfahren. Junge Menschen können sich außerdem vorstellen, dass mithilfe von Patenschaftsprojekten und gezielter Beratung geflüchtete Kinder und Jugendliche besser dabei unterstützt werden, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen und sich damit eine Perspektive aufzubauen.

Bildung Beteiligung

Wie können Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammenleben?

Eine tatsächlich inklusive Gesellschaft nimmt nach Ansicht junger Menschen die Perspektiven, Fähigkeiten und Möglichkeiten aller Menschen in den Blick. Sie schaut nicht nur nach dem Bildungsstand oder Abschlüssen und reduziert Menschen damit nicht auf ihre Funktion für die Gesellschaft. Bewertungen stünden nicht an erster Stelle, sondern Vielfalt werde als wirkliche Bereicherung angesehen und Vorstellungen von Normalität kritisch hinterfragt.

Forderungen der jungen Menschen:

  • Chancengleichheit aller muss im Mittelpunkt des Handelns von Politik und Medien stehen.
  • Gemeinsames Lernen und gemeinsame Unternehmungen, um Ausgrenzung entgegen zu wirken.
  • Physische, mentale und sexuelle Gesundheit muss Bestandteil formaler und nicht-formaler Bildung werden.
  • Barrierefreie Zugänge zu allen Bereichen der Gesellschaft und leicht verständliche und altersgerechte Informationen.

1Seit 2010 haben junge Menschen an den Beteiligungsprojekten des DBJR teilgenommen. Ihre Positionen zu (jugend)politischen Themen wurden gesammelt und in Politikprozesse eingebracht (››Prozesse). Dabei herausgekommen ist eine Bandbreite an Forderungen, die nicht repräsentativ sind, aber einen Einblick in die Themen geben, die den Teilnehmenden wichtig sind (››junge Themen).