Jugendaktionscamp Aachen

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Ein Bericht von der EU-Jugendvertreterin Katja

Am 9. Dezember 2023 wurden wir vom Jugenddialog zum Jugendaktionscamp (JAC) nach Aachen eingeladen. Das JAC ist ein jährlich stattfindendes inklusives Jugendcamp rund um Inklusion und Engagement, das Inklusion (leider im Vergleich zu manch anderen „inklusiven“ Jugendangeboten) wirklich lebt! Wir haben selten so viele unterschiedliche junge Menschen bei einer Veranstaltung gesehen, die untereinander und vom Team so herzlich angenommen wurden (das herzliche Annehmen galt auch für uns als Referent*innen 🙂). Wer jetzt denkt, dass wir einen Workshop auf sehr niedrigem Kindergarten-Niveau halten sollten/mussten, irrt sich gewaltig! Natürlich gab es hier und da Kleinigkeiten, auf die wir geachtet haben (z. B. Spielauswahl nicht mit viel Rennen, wenn jemand mit Rollstuhl in der Gruppe ist), aber inhaltlich haben wir nichts anders gemacht, als bei anderen Gruppen. Und die extrem interessierten Teilnehmenden haben uns – wie auch oft andere Gruppen junger Menschen – mit ihren Fragen und Feedbacks teilweise ins Straucheln gebracht (Stichwort politische Verbindlichkeit des Jugenddialogs) und teilweise Gänsehaut ausgelöst.

Der Workshop bestand inhaltlich aus 3 Hauptteilen. Nach einem kurzen Kennenlern-Bingo haben wir den Jugenddialog vorgestellt und Fragen geklärt. Hier kam die Enttäuschung/Frustration klar rüber über (teils eigene Erfahrungen mit Politiker*innen und Verwaltung), dass

  • viele Aussagen unverbindlich getroffen werden,
  • der Jugenddialog unverbindlich strukturiert wird und
  • es beim Jugenddialog auf EU-Ebene – und auch sonst selten – einen Monitoring-/Reportingmechanismus gibt. Ebenso wurde sehr konkret gefragt, wann und wo dieser Bericht hier veröffentlicht wird. An dieser Stelle: Entschuldigung an alle Teilnehmenden, dass er später als angekündigt veröffentlicht wurde. Auch wir sind noch nicht perfekt im Zusagen einhalten…

Der zweite Teil war ein Gesellschaftsbarometer, bei dem alle Personen eine ausgedachte kleine Rollenbeschreibung (z. B. lesbische Schülerin mit alleinerziehender Mutter) bekommen haben. Basierend auf der Rolle sollten die Teilnehmenden dann Aussagen (z. B. ob man ohne groß nachzudenken einen Film im Kino anschauen kann, wenn man möchte) beantworten. Hier und da haben wir alle zusammen die Antworten besprochen und diskutiert. Spannend war, dass manche Rollen unterschiedlich von den Teilnehmenden interpretiert wurden. An dem Beispiel: Viele würden davon ausgehen, dass ein Kind einer alleinerziehenden Mutter (vielleicht auch statistisch basiert) wenig Geld hat. Aber wer sagt z. B., dass die Schülerin keinen Nebenjob o. ä. hat? Nach dem Gesellschaftsbarometer hat eine Teilnehmerin als Feedback gegeben, dass es gut getan hat, mal wieder einen eigenen Privilegien-Check zu machen.

Am Ende wurden in Kleingruppen Forderungen/Wünsche (teils basierend auf dem Gesellschaftsbarometer) aufgeschrieben. Anschließend wurden die Themen in der großen Gruppe vorgestellt und auf eine Skala von “einzelne Personen” über “Deutschland” und “Europa” bis hin zu “weltweit” eingeordnet. Für uns unerwartet und gleichzeitig irgendwie beeindruckend war, dass der deutliche Großteil der Themen in den Bereichen “weltweit” oder “Europa” gelandet sind. So wurden z. B. gute Bedingungen in der Bildung, auf dem Arbeitsmarkt oder in der Bildung als universal wichtige Themen gesehen – und nicht nur wichtig in Deutschland.

Nach dem Workshop hat uns eine der Teilnehmerinnen erzählt, dass es in dem Bundesland, in dem sie wohnt, nicht vorgesehen sei, dass sie als fast blinde Person kein normales Abitur machen könne. Ebenso sei es nicht einfach, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Sie ist gerade vor Gericht deswegen und geht (selbst finanziert!) in eine Abendschule. Ihre Beiträge und Fragen während des Workshops waren irrsinnig clever und smart, sodass wir ehrlicherweise dachten, dass sie eine der älteren Teilnehmerinnen wäre. Aber nein, sie war 16 Jahre alt.

Hier geht es zum Jugendaktionscamp: https://www.jugendaktionscamp.de/