Baltic Youth Exchange

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Ein Bericht von Luise aus dem jump-Team

Vom 16. Bis zum 23. Oktober 2022 fand in Schleswig-Holstein der internationale Baltic Youth Exchange statt. Mit jugendlichen Teilnehmer*innen aus Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen und Deutschland waren fast alle Mitgliedsstaaten der EU vertreten, die an die Ostsee grenzen. Das Thema des Austauschs lautete, passend zu einem der aktuellen Europäischen Jugendziele des Jugenddialogs, „Inklusion“, weshalb auch unsere jump-Team Mitglieder Katja und Luise dabei waren.

In den sieben Tagen fand viel Austausch darüber statt, wie Inklusion und Jugendbeteiligung in den verschiedenen Ländern funktionieren und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt. Außerdem konnte man viel über die Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen lernen. Zum Beispiel beim Dialog im Dunkeln oder im Stillen, bei dem man für ein paar Stunden gemeinsam mit einem blinden oder gehörlosen Guide ihre Erfahrungen nachempfinden konnte. Im Anschluss wurde es beim inklusiven Sportclub „Unified“ sportlich. In gemeinsamen Mannschaften mit körperlich beeinträchtigen Menschen kamen alle ganz schön ins Schwitzen. Weitere Workshops gab es unter anderem von der Organisation Lambda zum Thema „Diskriminierung von LGBTQIA+“ und von den Streetworker*innen Nina und Renee aus Lübeck, die uns gezeigt haben, wie sie mit Jugendlichen mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen zusammenarbeiten.

Diese Eindrücke haben alle sehr begeistert und aus den neu gewonnenen Informationen sind Ideen entstanden, wie Inklusion vorangebracht werden kann. Dazu gehören unter anderem folgende Forderungen:

  • Es wird mehr Förderung für lokale inklusive Sportclubs gebraucht.
  • Bei allen Veranstaltungen, Fernsehshows usw. müssen Gebärdensprache-Dolmetscher*innen zur Verfügung stehen.
  • Der Aufklärungsunterricht muss weniger heteronormativ1 gestaltet werden.
  • Der Öffentliche Nahverkehr in ländlichen Gebieten soll besser ausgebaut werden.
  • Streetwork und mobile Jugendbeteiligungsprojekte sollen stärker unterstützt werden.
  • Der Zugang zu psychologischer Hilfe und Therapien muss kostenfrei und ohne Hürden oder Wartezeiten zur Verfügung stehen.
  • Arbeit sollte für alle fair bezahlt sein, um die steigenden Lebenskosten zahlen zu können. Außerdem darf es keinen Lohnunterschied bei gleicher Arbeit geben.

Bei allen Entscheidungen in der Stadtplanung muss berücksichtigt werden, dass die Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigungen zugänglich ist.

Neben der ganzen Arbeit blieb zum Glück noch genug Zeit, sich anzufreunden und die Umgebung zu erkunden, zum Beispiel während der Städtetrips nach Hamburg und Lübeck. Um die Heimatländer aller Teilnehmer*innen besser kennenzulernen wurde der International Evening veranstaltet, bei dem jedes Land mit einer selbst erstellten Präsentation vorgestellt wurde. Der beliebteste Teil war die anschließende Süßigkeiten-Verkostung mit Köstlichkeiten aus den Ländern. Tanzen und Karaoke kamen auch nicht zu kurz, nur an Schlaf hat es manchmal gefehlt.

Das hat niemanden daran gehindert, während des Austauschs einiges zu lernen, kreative Ideen zu entwickeln und auch mal kritisch über sich selbst zu reflektieren. Inez aus Polen hat am Ende zusammengefasst: „Ich dachte, ich wüsste schon viel über Inklusion. Aber jetzt konnten wir eine neue Perspektive einnehmen und ich verstehe mehr, worum es bei Diskriminierung und Inklusion geht.“

Auch unsere jump-Team Mitglieder hat der Austausch inspiriert. Während der Workshop-Zeit haben sie Feedback und Forderungen gesammelt, die zur nächsten EU-Jugendkonferenz von unseren Jugendvertreter*innen mitgenommen werden. Und natürlich konnten sie auch den EU-Jugenddialog vorstellen und hören, wie das Projekt in den anderen Mitgliedsstaaten umgesetzt wird. Mit so viel Rückenwind kann man nur gestärkt sein, weitere Projekte zu gestalten und Jugendliche aus ganz Europa zu vernetzen.

1 Das Wort heteronormativ beschreibt ein gesellschaftliches Ordnungsprinzip, das ausschließlich zwei Geschlechter akzeptiert. Diese stehen in einem hierarchischen Verhältnis zueinander, das Männlichkeit über Weiblichkeit stellt. Gleichzeitig schreibt Heteronormativität ein auf das jeweilige Gegengeschlecht ausgerichtetes (heterosexuelles) Begehren vor. Dies führt zur Ausgrenzung und Sanktionierung von Personen, die dieser Ordnung nicht entsprechen. Dazu gehören z.B. Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*. (vgl. Bildungsinitiative Querformat: https://www.genderdiversitylehre.fu-berlin.de/toolbox/_content/pdf/Glossar-von-Queeformat_Queerhistorymonth.pdf, 15.12.2022)